Ziele und Aufgaben

Die Österreichische Ludwig-Stiftung für Kunst und Wissenschaft wurde im Jahr 1981 auf Initiative des deutschen Sammlerehepaares Peter und Irene Ludwig unter Einbindung der Republik Österreich gegründet. Ziel war es, internationaler, zeitgenössischer Kunst in Österreich zu vermehrter Sichtbarkeit zu verhelfen und die öffentlichen Sammlungen entsprechend zu erweitern. Den Anstoß dafür gab das Ehepaar Ludwig, indem es Werke aus seiner privaten Kunstsammlung in die Stiftung einbrachte.

Diese damals in Österreich einzigartige Verbindung von privater Kunstförderung und öffentlicher Hand war Ausgangspunkt jahrzehntelanger kulturpolitischer Entwicklungen, die zur Gründung des mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien führen sollten. Die Stiftung trug damit entscheidend dazu bei, aktuelle Kunstpraktiken zu einem essentiellen Bestandteil der öffentlichen Kunstsammlungen Österreichs zu machen.

„Hauptaufgabe der Stiftung ist es, das weltoffene und internationale Engagement des Aachener Sammlerehepaares Ludwig fortzusetzen; es gilt nicht, die Stiftung als ein Monument zu erhalten, sondern Aktivitäten zu entfalten, die in die Zeit hineinwirken.“

Walter Queins (ehem. Stiftungsratsmitglied, Österreichische Ludwig-Stiftung und ehem. Vorständischer Geschäftsführer, Peter und Irene Ludwig Stiftung), 2011

Bis heute ist die Österreichische Ludwig-Stiftung als Leihgeberin und Fördergeberin aktiv. Sie unterstützt Bundesmuseen bei Kunstankäufen zur Erweiterung ihrer Sammlungen, um historische Bestände mit aktuellen Diskursen in Dialog treten zu lassen. Im Jahr 2024 umfasste die Sammlung der Österreichischen Ludwig-Stiftung an die 1.000 Kunstwerke, die in öffentlichen Kunstinstitutionen Österreichs – allen voran im mumok – als Dauerleihgaben untergebracht sind.

Die Betreuung der Sammlung sowie das Sammeln als lebendiger und unabgeschlossener Prozess stehen im Zentrum der Tätigkeit. Darüber hinaus ist Ziel der Österreichischen Ludwig-Stiftung, diverse Aktivitäten im Bereich der bildenden Kunst in Österreich zu realisieren und zu fördern, wobei den öffentlichen Sammlungen besondere Bedeutung beigemessen wird.

Geschichte der Stiftung

Unter dem Titel „Kunst um 1970“ zeigte das Wiener Künstlerhaus 1977 eine Auswahl von Werken der Gegenwartskunst aus der Sammlung des Ehepaares Peter und Irene Ludwig: Es waren vor allem Arbeiten aus den Bereichen der amerikanischen und britischen Pop-Art und des Fotorealismus der 1960er und 1970er Jahre. Im Anschluss daran entstand die Idee, einen Teil dieses Bestandes der Republik Österreich zur Verfügung zu stellen, um damit den Ausbau einer Sammlung aktueller, internationaler Kunst in Österreich zu unterstützen.

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Eröffnung der Ausstellung „Kunst um 1970“, Künstlerhaus, Wien, 1977 – Irene Ludwig, Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, Hertha Firnberg, Hans Mayr und Peter Ludwig (v.l.n.r.)

© Künstlerhaus-Archiv, Foto: Fritz Kern

Am 21. Februar 1978 wurde in Folge vertraglich vereinbart, dass das Ehepaar Ludwig dem österreichischen Staat ungefähr 130 Kunstwerke für fünf Jahre als Leihgabe zur Verfügung stellt. Die Arbeiten wurden einerseits im Museum des 20. Jahrhunderts im Schweizergarten und andererseits im eigens zu diesem Zweck umgebauten barocken Palais Liechtenstein ausgestellt.

Am 19. Januar 1981 erfolgte die Gründung der Österreichischen Ludwig-Stiftung für Kunst und Wissenschaft. Verbunden war diese mit der Einbringung von 128 Kunstwerken aus der Sammlung Ludwig; im Gegenzug dazu verpflichtete sich die Republik Österreich für einen Zeitraum von fünfzehn Jahren zu jährlichen finanziellen Zuwendungen an die Österreichische Ludwig-Stiftung. Zudem erhielt die Stiftung ungefähr zwanzig Kunstwerke von einem anonymen Spender sowie Schenkungen von verschiedenen in Österreich lebenden Künstler:innen.

Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Österreichischen Ludwig-Stiftung gingen 1991 weitere 100 Kunstwerke des Ehepaars Ludwig in deren Besitz über und die Republik Österreich verlängerte ihre Verpflichtung zu jährlichen finanziellen Zuwendungen an die Österreichische Ludwig-Stiftung um weitere fünfzehn Jahre bis zum Jahre 2010. Das Palais Liechtenstein und das Museum des 20. Jahrhunderts wurden umbenannt in Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien.

Mit der Errichtung eines Museumsneubaus im Museumsquartier 2001 ist nun etwa die Hälfte der Sammlungsbestände als Dauerleihgaben im mumok vereint. Ein substantieller Teil der Dauerleihgaben befindet sich außerdem in der Albertina, Wien, sowie weitere Bestände in Wien im MAK – Museum für angewandte Kunst, in der Österreichischen Galerie Belvedere und der Universität für Angewandte Kunst sowie in Sammlungen der Bundesländer im Kunsthaus Bregenz, der Neuen Galerie Graz, dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck, dem Lentos Kunstmuseum Linz und dem Museum der Moderne Salzburg.

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Aufbau der Sammlung

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Jasper Johns, Target, 1967/69, © Bildrecht, Wien 2024

Die Mehrzahl der Kunstwerke, die das Ehepaar Ludwig 1981 und 1991 in die Österreichische Ludwig-Stiftung einbrachten, entstammen der US-amerikanischen Kunst der 1960er und 1970er Jahre und ihren westeuropäischen Parallelerscheinungen, im Speziellem der Pop-Art und dem Nouveau Réalisme sowie dem Foto- beziehungsweise Hyperrealismus. So wird der Name Ludwig zumeist mit „Größen“ wie Andy Warhol, Jasper Johns oder Roy Lichtenstein in Verbindung gebracht, die im kunsthistorischen Kanon fest verankert sind.

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Nancy Graves, Miocene Skeleton from Agate Springs, Nebraska, 1969/79, © Bildrecht, Wien 2024; Foto: mumok.

Die Ludwigs übergaben der Stiftung aber auch Werke von Künstler:innen, deren Praxis weniger Bekanntheit erlangt hatte. Dazu zählen etwa Nancy Graves, Susan Rothenberg oder die Vertreter:innen der US-amerikanischen „Patterns and Decoration“-Bewegung, aber auch künstlerische Positionen aus Zentral- und Osteuropa, darunter vornehmlich Arbeiten der 1970er und 1980er Jahre aus der ehemaligen DDR und der damaligen Sowjetunion. Peter und Irene Ludwig war es ein Anliegen, die Sammlung nicht nach persönlichen Vorlieben aufzubauen, sondern künstlerische Entwicklungen in ihrer Vielschichtigkeit abzubilden und dabei das Wissen von Expert:innen einzubeziehen. Seit Gründung der Österreichischen Ludwig-Stiftung erfolgten die Erweiterungen der Bestände basierend auf Vorschlägen der Bundesmuseen und mittels einer Juryauswahl, die bis heute im Stiftungsrat stattfindet, dem Peter und Irene Ludwig bis zu ihrem Ableben angehörten. Die Sammlungsbestände sind damit auch – über Jahrzehnte hinweg – Ausdruck der inhaltlichen und sammlungspolitischen Perspektiven einer Vielzahl österreichischer Museumsdirektor:innen und -kurator:innen.

Von 1981 bis heute: Eine Sammlung der Gegenwartskunst

Als die Österreichische Ludwig-Stiftung 1981 mit dem Augenmerk auf internationale, zeitgenössische Kunst gegründet wurde, galten die künstlerischen Praktiken der 1960er und 1970er Jahre als aktuellste Entwicklungen der Kunst und bildeten den Kern der Sammlungsbestände. Die Werke aus diesen beiden Jahrzehnten, die das Sammlerehepaar der Stiftung überließen, stechen durch ihren Fokus auf eher traditionelle künstlerische Medien wie Malerei, Druckgrafik und Skulptur hervor, während zeitgleich in den späten 1960er und 1970er Jahren Künstler:innen im Rahmen von Performances den Körper zum künstlerischen Material erklärten und vermehrt mit filmischen Medien sowie neuen Technologien zu arbeiten begonnen hatten.

Von Anfang an ergänzten Neuerwerbungen die vorhandenen Sammlungsbestände der 1960er und 1970er Jahre, um der Vielschichtigkeit künstlerischer Entwicklungen dieser Periode Rechnung zu tragen. So wurde etwa 1983 der Nachlass des Wiener Aktionisten Rudolf Schwarzkogler, der vor allem fotografische Dokumentationen seiner Aktionen umfasst, angekauft. In den 1990er Jahren ergänzte ein Konvolut von Dieter Roths Arbeiten auf Papier die Sammlungsbestände ebenso wie eine international ausgerichtete Fluxus-Sammlung mit Objekten von George Brecht, Robert Filliou, Yoko Ono und anderen Vertreter:innen. Anfang der 1990er Jahre wurden zudem Fotodokumentationen und Objekte von Carolee Schneemanns körperbezogenen Performances angekauft, die den Weg für spätere Erweiterungen der Sammlung um Werke weiblicher Positionen der 1960er und 1970er Jahre ebneten. So wurden die Pop-Art-Bestände in den 2010er Jahren durch Ankäufe von Arbeiten Sine Hansens und Jann Haworths ergänzt; Rosemarie Castoros raumgreifende Skulpturen erweiterten Bestände im Umfeld der Minimal Art und mit den Arbeiten Renate Bertlmanns und Birgit Jürgenssens wurden dem in der Sammlung vertretenen Wiener Aktionismus zeitnahe Entwicklungen feministischer Kunst in Österreich entgegengestellt. Mit Werken der 1960er bis 1980er Jahre von Július Koller, Sanja Iveković und anderen Künstler:innen aus Ost- und Zentraleuropa wurden die Bestände aus diesen Regionen, die das Ehepaar Ludwig in die Stiftung eingebracht hatte, um regimekritische Positionen erweitert.

Die Ankäufe nahmen über die Jahrzehnte hinweg immer auch Bezug auf relevante Entwicklungen in der Gegenwartskunst: von Günther Förg und Albert Oehlen in den 1980er Jahren über Mike Kelley und Stephen Prina in den 1990er Jahren bis zu Stan Douglas, Omer Fast und William Kentridge in den 2000er Jahren. Post-konzeptuelle Praktiken sowie die verstärkte Präsenz fotografischer und bewegter Bildmedien fanden Einzug in die Sammlung der Österreichischen Ludwig-Stiftung. Bei der Auswahl der aktuellen Ankäufe wird besonderes Augenmerk auf die Erweiterung der Sammlung um Arbeiten der Gegenwartskunst aus nicht-westlichen Kontexten sowie auf die Berücksichtigung von Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und queerer Positionen – im Sinne einer dezidiert geschlechterreflexiven Ausrichtung – gelegt. So fanden in den 2010er und 2020er Jahren unter anderem Arbeiten von Leilah Babirye, Anna Boghiguian, Serge Attukwei Clottey, Sonia Gomes und Moffat Takadiwa ihren Weg in die Sammlung.

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Peter und Irene Ludwig

Peter (1925–1996) und Irene Ludwig (geborene Monheim, 1927–2010) lernten sich Ende der 1940er Jahre während ihres Studiums der Kunstgeschichte an der Universität Mainz kennen. Ab 1957 erwarb das Ehepaar auf Reisen in den Mittelmeerraum, nach Nordamerika, Mexiko und Peru seine ersten Kunstwerke. Die rapide anwachsenden Sammlungsbestände der Ludwigs wurden von Anfang an als Schenkungen oder Dauerleihgaben in bestehende Sammlungen integriert und auch in neu gegründeten Institutionen untergebracht. So war nicht nur Wien mit Kunstwerken aus der Sammlung Ludwig bedacht worden: Von Objekten der Antike und des Mittelalters, Porzellan des 18. Jahrhunderts und präkolumbischer Kunst bis hin zu Arbeiten Pablo Picassos, russischer Avantgarde, Kunst der ehemaligen DDR und amerikanischer Pop-Art hatte das Ehepaar Ludwig seine stetig wachsenden Sammlungsbestände zahlreichen öffentlichen Institutionen Deutschlands und darüber hinaus übergeben.


Jean Olivier Hucleux, Peter und Irene Ludwig, 1975/76

Aufgrund des jahrzehntelangen Engagements von Peter und Irene Ludwig in der internationalen Kulturpolitik sind eine Vielzahl öffentlicher Institutionen weltweit mit dem Namen Ludwig verbunden – von Aachen, Köln und Wien bis Budapest, Havanna, Peking und St. Petersburg. Die 1997 von Irene Ludwig initiierte Peter und Irene Ludwig Stiftung  mit Sitz in Aachen ist Ausdruck der über den Tod des Sammlerehepaars hinausgehenden Förderung von Kunst und Kultur im Rahmen des international weitreichenden Ludwig-Netzwerks an Museen und Institutionen.